Gedanken zwischen Nationalfeiertag und Nationalem Gedenktag
(Ansprache im Caritas-Gottesdienst „Intégration“, Dekanatskirche Diekirch, 21.6.2008)
Léif Frënn,
Der 23. Psalm, den wir eben gehört haben, erinnert uns an die Grundhaltung, die Christen in diesem Zusammenhang auszeichnen sollte: Vertrauen in Gott und Freisein von Angst: „Ich fürchte nichts Böses“ heisst es im 4. Vers, „denn Du bist bei mir“.
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter will uns klarmachen, was wir alle wissen und nicht minder auch alltäglich verdrängen: dass wir aus Angst oft den Anforderungen der Liebe in Wirklichkeit nicht gewachsen sind.
Ein Fest feiern heißt, innezuhalten und einem Tag eine besondere Bedeutung zuzuweisen. Joseph Pieper schreibt: „ Ein Fest feiern heißt, die immer schon und alle Tage vollzogene Gutheißung der Welt aus besonderem Anlass auf unalltägliche Weise begehen.“
Ein Dreischritt also.
Zum Ersten (Die Gutheißung der Welt).
Dass die Welt nicht einfach so gut ist, wie sie ist, wissen wir aus eigener Erfahrung. Aber wir heißen sie gut. Das heißt, wir sagen Ja zu ihrer und unserer Existenz und geben ihr und uns Tag für Tag die Möglichkeit, dass Gutes daraus entstehe. Das hat schon etwas von einem Sakrament an sich. Ein Sakrament ist ein Zeichen, das bewirkt, was es bezeichnet. Dass wir die Welt gut heißen, heißt auch nicht, dass alles bleiben solle, wie es ist.
Und damit komm ich zum Zweiten (Der besondere Anlass).
Einen Tag nach dem Weltflüchtlingstag und am Vorabend unseres Nationalfeiertages feiern wir gemeinsam mit und in diesem Gottesdienst ein anderes Fest: Eucharistie als Danksagung und Auftrag, mit Fremden so umzugehen, dass sie bei uns eine neue Heimat finden und sich aufgehoben fühlen.
Im Jahr 2008 leben 483 800 Menschen in Luxemburg, davon sind 205 900 Ausländer (42 %), davon 28 800 nicht EU-Bürger (6 % der Gesamtbevölkerung und 14 % der Ausländer) . Im Laufe der letzten Jahre ist die Zahl der Asyl-Anträge von 1577 im Jahr 2004 auf 426 im Jahr 2007 gesunken, wobei dieser Rückgang vor allem durch die verringerte Anzahl von Asyl-Bewerbern aus afrikanischen Ländern zu erklären ist (58 Anträge 2007 gegenüber 848 Anträge 2004). Die Mehrzahl der Asyl-Bewerber stammen derzeit aus Serbien bzw dem Kosovo.
40 % unserer aktiven Bevölkerung sind Grenzgänger und leben im Ausland und überschreiten unsere Grenze nur zum Arbeiten. Für das Jahr 2030 wird die Gesamtbevölkerung Luxemburgs auf 600 000, für 2050 auf 700 000 geschätzt, die Zahl der ausländischen Mitbürger erhöht sich derzeit insgesamt um ca. 5-6000 pro Jahr , sodass die in Luxemburg lebenden Luxemburger in nicht allzu ferner Zukunft die Minderheit an der Gesamtbevölkerung darstellen werden.
Heinrich Böll hat sich gefragt, wie es zu erklären sei, dass die grosse Zahl der Christen die Welt so wenig zu verändern vermochten, dass nicht mehr Terror und Angst, sondern Vertrauen und Freundlichkeit herrschen. „Eine christliche Welt müsste eine Welt ohne Angst sein, und unsere Welt ist nicht christlich, solange die Angst nicht geringer wird, sondern wächst; nicht die Angst vor dem Tode, sondern vor dem Leben und den Menschen, vor den Mächten und Umständen, Angst vor dem Hunger und der Folter, Angst vor dem Krieg…“
Der Begriff Angst hat sich seit dem 8. Jahrhundert von gemein-indogermanisch *anghu-, „beengend“ über althochdeutsch angust entwickelt. Er ist urverwandt mit lateinisch angustia, „die Enge“ und angor, „das Würgen“. Angst bezeichnet einen negativen Gefühlzustand, welcher angesichts einer Gefahr mit Beklemmung, Bedrückung, Erregung einhergeht, oft meint das Wort auch nur ein undeutliches Gefühl des Bedrohtseins.
Der 1977 verstorbene deutsche Psychoanalytiker Fritz Riemann beschreibt vier Grundformen der Angst. Die Angst vor der Selbstwerdung, die Angst vor der Selbsthingabe, die Angst vor der Wandlung und zuletzt die Angst vor Dauer und Notwendigkeit.
So vielfältig das Phänomen Angst bei verschiedenen Menschen ist –es gibt praktisch nichts, wovor wir nicht Angst entwickeln können- geht es bei näherem Hinsehen doch immer wieder um Varianten dieser „Grundformen der Angst“ und alle überhaupt möglichen Ängste haben mit diesen zu tun.
Angst gehöre unvermeidlich zu unserem Leben. In immer neuen Abwandlungen begleite sie uns von der Geburt bis zum Tode. Es bleibe wohl eine unserer Illusionen, zu glauben, ein Leben ohne Angst leben zu können; sie gehöre zu unserer Existenz und sei eine Spiegelung unserer Abhängigkeiten und des Wissens um unsere Sterblichkeit. Wir könnten nur versuchen, Gegenkräfte gegen sie zu entwickeln: Mut ,Vertrauen, Erkenntnis, Macht, Hoffnung, Demut, Glaube und Liebe. Diese könnten uns helfen, Angst anzunehmen, uns mit ihr auseinanderzusetzen, sie immer wieder neu zu besiegen. Methoden, welcher Art auch immer, die uns Angstfreiheit versprechen, sollten wir mit Skepsis betrachten; sie würden der Wirklichkeit menschlichen Seins nicht gerecht und erweckten illusorische Erwartungen.
Das Erlebnis Angst gehöre also zu unserem Dasein. So allgemeingültig das sei, erlebe doch jeder Mensch seine persönlichen Abwandlungen der Angst, der „Angst“, die es so wenig gebe, wie „den Tod“ oder „die Liebe“ und andere Abstraktionen. Jeder Mensch habe seine persönliche , individuelle Form der Angst, die zu ihm und zu seinem Wesen gehöre, wie er seine Form der Liebe habe und seinen eigenen Tod sterben müsse. Es gebe also Angst nur erlebt und gespiegelt von einem bestimmten Menschen und sie habe darum immer eine persönliche Prägung, bei aller Gemeinsamkeit des Erlebnisses Angst an sich.
Wenn wir Angst einmal „ohne Angst“ betrachten, bekommen wir den Eindruck, dass sie einen Doppelaspekt hat: einerseits kann sie uns aktiv machen, andererseits kann sie uns lähmen. Angst ist immer ein Signal und eine Warnung bei Gefahren, und sie enthält gleichzeitig einen Aufforderungscharakter, nämlich den Impuls, sie zu überwinden.
Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht oder noch nicht gewachsen sind. Jede Entwicklung, jeder Reifungsschritt ist mit Angst verbunden, denn er führt uns in etwas Neues, bisher nicht Gekanntes und Gekonntes, in innere und äussere Situationen, die wir noch nicht und in denen wir uns noch nicht erlebt haben.
In der Bibel lesen wir, dass am Anfang und Ende von Jesu irdischem Leben die Botschaft des 23. Psalms als Aufforderung „Fürchtet Euch nicht“ sowohl vom Engel der Verkündigung als auch vom Engel des Ostermorgens am leeren Grab wiederholt wird.
Theologisch gesprochen ist Angst das Gegenteil von Glaube. Nach der Bootsfahrt im Sturm fragt Jesus seine Jünger: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?
Wenn wir an ein Gespräch zwischen verschiedenen Menschen und Herkünften denken, dann stellt sich sofort eine Frage der Dominanz ein: Wer ist Sieger? Elias Canetti hat einmal gesagt: “Manches darf man nicht sein. Aber das einzige , was man nie sein darf, ist ein Sieger.“ Beim Gespräch zwischen den Menschen verschiedener Kulturen wird aber meist versucht, die eigene Dominanz zu wahren.
Die Frage ist, wie wir auf dieses Gefühl, in der Defensive zu sein, reagieren und ob wir eine Balance schaffen zwischen der Neugier auf das Andere und der Bedrohtheitsempfindung. Die Vorstellung, dass ich dem anderen ausgeliefert bin, dass er mir meinen Lebensraum streitig macht, liegt natürlich ganz nahe. Was dagegen zu tun ist, hat mit Gespräch zu tun – aber mit einem Gespräch, das nicht von vornherein mit der Absicht aufgeladen ist, den anderen zu domestizieren. Das Gespräch, das mir vorschwebt, hat etwas mit Gastlichkeit zu tun.
Sowohl der Gastgeber als auch der Gast entspringen demselben lateinischen Wort „hospes“. Hier ist die Ebenbürtigkeit der beiden schon bezeugt. Es ist also nicht so, dass der Gastgeber nur gibt und der Gast nur der Nehmende ist. Wir sprechen in diesen Tagen viel und leider doch nicht genug von palliativer oder Hospiz-Kultur. Es ist dies eine „Leitkultur“, die sich zum Ziel setzt, dass alles gedacht und getan wird, dass gerade die Schwächsten und Fremden in unserer Gesellschaft an der Gemeinschaft auch ohne besondere Einladung oder Fremdhilfe teilnehmen können. Wir wissen somit, dass diese Kultur keine Einbahn ist , auf der es auf der einen Seite Geber und auf der anderen Seite Nehmer gibt. Sie wechseln sich ab, es ist ein Austausch von Geben und Nehmen und jeder empfängt und jeder gibt weiter, dies setzt also auch die Bereitschaft voraus, sich in Demut beschenken zu lassen. Geben ist nicht immer seliger als nehmen.
Zunächst ist es eine Vorbedingung, dass wir Verhältnisse schaffen, in denen wir uns begegnen können. Können wir einander begegnen, indem wir Integration als das oberste Ziel anpreisen? Oder können wir einander besser begegnen, indem wir das US-amerikanische Prinzip von „China Town“ und „ Little Italy“, das wir ja auch aus einigen Städten unseres Landes kennen, walten lassen – also Kulturgemeinschaften, die ihren Sitz in der anderen Kultur behalten und die es erforderlich machen, dass ich eine Grenze überschreite? Grenzerfahrungen zu machen bewahrt mich ja auch davor, dass ich allzu schnell die Fremdheit des Anderen unterschlage und so tue, als sässen wir alle in einem Boot.
Wir hören oft, und in letzter Zeit besonders hier in Diekirch, dass man die Kirche im Dorf lassen soll. Auch wenn der Spruch schon alt ist, wir sollten uns trotzdem nicht daran halten. Wir haben einen neuen Auftrag bekommen: Lasst die Kirche nicht im Dorf, tragt sie auch vor die Tore der Stadt. Jesus Christus ist draussen „vor den Toren der Stadt“ geboren und gestorben und somit ist hier auch unser Platz: nicht im Zentrum und immer wieder und immer öfter am Rand der Gesellschaft mit den Schwachen, Ausgestossenen und den Fremden.
In seinem Vortrag in Luxemburg 2007 hat der ehemalige Generalabt des Dominikanerordens, Timothy Radcliffe, den Glauben als den Beginn einer Beziehung zu Gott bezeichnet. Glaube sei das Eintreten in eine Freundschaft zu Gott. Und er führte weiter aus, dass wir nicht dann Gottes Freunde sind, wenn wir Dinge über ihn denken, sondern wenn wir die Dinge mit Gottes Augen sehen. Er zitierte zum Schluss dann Nicolas Lash aus Cambridge mit den Worten: „Wenn Glaube der Weg ist, wie wir in diesem Leben Gott kennen lernen können, dann bedeutet glauben lernen, alle Dinge so zu sehen, wie Gott sie sieht; unendliches Bemühen um Verständnis, Interesse und Fürsorge verdienend.“
Wir leben in einem Zeitalter der Angst. Und viele Erscheinungen unseres öffentlichen Lebens, bis in die Politik hinein, resultieren aus diesem Erlebnis der Angst. Eine so noch nie da gewesene
Lebensangst sei zum „unheimlichen Begleiter des heutigen Menschen“ geworden, sagt der Philosoph Karl Jaspers.
Der katholische Religionssphilosoph Eugen Biser unterscheidet drei Grundformen der Angst: Angst vor mir selbst, Angst vor dem Nächsten, Angst vor Gott.
Wichtig sei daher die Orientierung an der Mitte des Glaubens: Jesus Christus. Für Biser ist Jesus der „größte Revolutionär der Religionsgeschichte“. Dessen Großtat habe darin bestanden, dass er „den Schatten des Angst- und Schreckenerregenden aus dem Gottesbild der Menschheit tilgte und das Antlitz des bedingungslos liebenden Vaters enthüllte“ und so den Menschen von der Angst befreit.
Das Christentum sei von seinem Ursprung her die Religion der Angstüberwindung. Deshalb laute das erste bis in die Weihnachtsbotschaft zurückstrahlende Wort des Auferstandenen: “Fürchtet euch nicht!” Was das heisse, erläutere der Johanneische Satz: “Furcht ist nicht in der Liebe: vielmehr treibt die vollkommene Liebe die Furcht aus.”
Wenn der Glaube auch nicht jede Form der sich zusehends vervielfachenden Ängste beseitige, so doch die drei „Wurzelängste“: die Angst vor Gott, die Angst vor dem Mitmenschen und die Angst des Menschen vor sich selbst. Die Befürchtung, mit Gott den tragenden Halt des Daseins zu verlieren durch die Botschaft von dem bedingungslos liebenden Gott; die Angst vor dem Mitmenschen durch das Gebot der Nächstenliebe, und die Existenzangst durch die Berufung des Menschen zur Gotteskindschaft.
Die Bibel kennt viele Götter, die als übernatürliche Wesen auf Kosten der einfachen , kleinen Leute existieren. Und gegen diese steht in den biblischen Erzählungen und Psalmen der eigentliche Gott mit einem Namen, der die Solidarität mit Menschen ausdrückt- Gnade, Treue, Liebe, Freundschaft.
In der Bibel ist ein Gott zugegen, der Menschen zur Solidarität aufruft, zum Erbarmen. Die Macht der Solidarität und des Erbarmens, das ist die Macht Gottes. Gott ist in dieser Welt so mächtig, wie Menschen solidarisch und barmherzig sind.
Pfingsten hat uns wieder daran erinnert, dass wir empfangende und eucharistische –Dank sagende- Menschen sind, dass wir jedem anderen Menschen Respekt schulden, denn Gott wohnt in ihm – der Mensch als Tabernakel- und dass es nicht wichtig ist, was wir tun oder haben. Wichtig allein ist, was wir alle sind: Kinder des einen Gottes.
Martin Buber hat übersetzt: Liebe Deinen Nächsten – er ist wie Du.Wir können uns unseren Nächsten nicht aussuchen.
Vor 35 Jahren habe ich aus einer Zeitung den Satz herausgeschnitten: „Wenn man Dich Deines Glaubens wegen verhaften würde, fände man genug Beweise, um Dich zu verurteilen?“
Zum Dritten (Das Unalltägliche).
Unser Christentum beweist sich zuerst in gerechten Taten. Jesus gibt dafür im Weltgericht sehr konkrete Beispiele: die Hungrigen speisen, die Nackten bekleiden, Kranke und Gefangene besuchen, Traurige trösten, Fremde aufnehmen, und all die damit verbundenen Schwierigkeiten bis hin zum Ertragen von Verfolgung. Es wäre schön, wenn uns die anderen an solchen Taten als Christen erkennen könnten. Umgekehrt ist es abschreckend, wenn wir Gott und seiner Haupteigenschaft, der Gerechtigkeit, nicht entsprechen.
Charakteristisch für Jesus ist die Feindesliebe. Anders hat es der jüdische Theologe Pinchas Lapide gesagt: er sprach mit höchster Achtung von der „Entfeindungsliebe“ Jesu. Wir können auch anstelle der Nächstenliebe von der Fremden-Liebe reden und wir meinen dann damit eine „Entfremdungsliebe“, in der wir aus dem Fremden einen Nächsten machen. So wird die aktive, die erfinderische Seite, die für den Friedensprozess notwendig ist, besser deutlich. Eine Vorleistung, eine Überraschung, ein Entgegenkommen lässt manche Feindschaft und manches Fremdsein in sich zusammensinken.
Kardinal Martini erzählt in seinem letzten Buch, dass im palästinensischen Gaza, das heute von Leiden und Konflikten gequält ist, im sechsten Jahrhundert Dorotheus von Gaza lebte. Von ihm stamme ein bekanntes Bild der Gläubigen: „Stellt Euch die Welt als einen Kreis vor, dessen Mitte Gott ist und dessen Strahlen die verschiedenen Lebensweisen der Menschen sind. Wenn alle, die Gott nahe kommen wollen, zur Mitte des Kreises gehen, nähern sie sich gleichzeitig einander und Gott. Je mehr sie sich Gott nähern, desto mehr nähern sie sich einander. Und je mehr sie sich einander nähern, desto mehr nähern sie sich Gott.“
Kardinal Martini beschreibt auch , wie er in Mailand die Cattedra, den „Lehrstuhl der Ungläubigen“ , eingerichtet hatte, um von ihnen zu hören, was sie zur Rettung der Welt beitragen und den Menschen zu sagen haben. „Ich möchte denkende Menschen. Das ist das Wichtigste. Dann komm erst die Frage, ob sie Gläubige sind oder Nichtgläubige. Wer nachdenkt, wird weitergeführt. Darauf vertraue ich. „
Diese verschiedenen „Familien“ seien dazu da, damit möglichst vielen Menschen geholfen werde und damit sie bei Gott Heimat finden. Religionsgemeinschaften dienten dazu, die Menschen aufzubauen und zu stärken, sie den Weg zu Gott zu führen.
Jesus sei ein Meister der Freundschaft und das bezeichne seine Liebe. Charakteristisch für die Liebe Jesu sei sicher auch die Nähe zu den Armen. Jesus habe sehr einfach gelebt, um allen nahe zu sein. Er habe auch die Heimatlosigkeit gewählt, um für alle Menschen da zu sein und keine Mauern um sich zu bauen. Jesus sei den Fremden entgegengegangen. Und das Wichtigste: Er habe seine Liebe weitergeben können. Seine Liebe sei offensivgewesen. Er habe sich nicht einfach zu Hause wohlgefühlt, sondern sei von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt gezogen. Er sei dorthin gegangen, wo die Konflikte waren, wo er seine Liebe anwenden musste, damit es zum Frieden zwischen Heiden und Juden, zwischen Römern und Israel kommen konnte. Er habe sich in Konflikte hineingewagt und gezeigt, dass Gottes Liebe die Welt, diese Konflikte verändern muss.
Die ganze Bibel thematisiert, dass Gott einer ist, der die Fremden liebt, der den Schwachen aufhilft, der will, dass wir auf unterschiedlichen Wegen allen Menschen helfen und dienen.
Kardinal Martini beschreibt den Christen als einen, der sich nicht in modernen Strömungen und in dem, was gerade modern ist oder was alle wollen, verliert. Er mischt sich ein. Er tut etwas. Er sagt seine Meinung. „Ihr seid Richter der Welt“, das sage Jesus zu seinen Jüngern und zu uns. Er setze uns also in eine starke Machtposition: Wir sollen der Welt helfen, eine Richtung zu finden, nichts anderes meine Richter zu sein.
Die Welt von heute wächst unaufhaltsam zusammen. Europa eint sich, ohne sich der übrigen Welt zu verschließen. Eine solche zusammenwachsende Welt braucht “Weltbürger”. Solche haben Gottes eine Welt im Blick.
Nach Paul Zulehner kann die gläubige Grundregel nur lauten: Weil nur ein Gott ist, ist jeder einer von uns – der Buddhist ebenso wie der Moslem, der Atheist ebenso wie der evangelische oder orthodoxe Christ oder der Jude. – Nur ein derart weit geöffnetes Christentum, das die Vielfalt der Sprachen und Kulturen versteht, das Gottes Heilsspuren in allen Religionen und bei allen Menschen aufzuspüren vermag und selbstlos fördert, sei getragen von der Vision Jesu und dem Kommen seines endzeitlichen Reiches in die eine Weltgeschichte.
Wie kümmerlich nehmen sich im Licht einer solchen Vision jene aus, deren Welt an den Grenzen von Huldang und Rémeléng, Pärel und Rouspert endet, die keinen Dialog zusammenbringen, weder mit den christlichen Schwesterkirchen, noch mit den großen Religionen der Welt und schon gar nicht mit einem lehrreichen und intelligenten Atheismus. In solcher Enge blüht die Angst.
Angst und Mutlosigkeit sind ein Symptom der Geistauslöschung. Gottes Geist aber macht wagemutig und kampfstark. Kontemplation und Kampf verwachsen, so der große Roger Schutz von Taizé. Geistvolle kämpfen um eine gerechtere Welt und lassen sich nicht dadurch von ihrem Einsatz abbringen, dass sich nachhaltige Erfolge nur langsam einstellen. Paul Zulehner hat in diesem Zusammenhang zum 20 Jahr-Jubiläum der Weizer Pfingstvision 2008 seine Predigt mit den Worten beendet: “”Empfanget den Heiligen Geist”: Welch ein gefährliches Geschenk des Auferstandenen für eine geistlose Welt und eine geistarme Kirche!“
Eine Umfrage bei den Lesern der „Lëtzebuerger Revue“ hat im Juni mit grosser Mehrheit Schwester Danièle Faltz, die Direktorin des Fieldgen, zur Frau des Jahres gewählt und in einem Editorial wird diese Wahl mit dem Satz kommentiert : „Dass unsere Gewinnerin eine Ordensfrau ist, beweist einen gewissen Konservatismus unserer Gesellschaft, die sich an sicheren, herkömmlichen Werten festhält, bevor sie Neues experimentiert.“
Ist Schwester Danièle Faltz wirklich dafür gewählt worden, weil sie für konservative Werte und Tradition steht und weil die Luxemburger konservativ sind und für Traditionen einstehen oder nicht vielmehr, weil noch immer und immer mehr Menschen –auch unter den Revue-Lesern- der Meinung sind, dass Religionen wichtig sind, um Werte zu vermitteln und dass diese in unserer Gesellschaft in Gefahr sind?
Steht diese Frau nicht auch für einen anderen Umgang mit Freiheit und mit Angst? Steht sie nicht auch für die Überzeugung, dass Tradition die Weitergabe des Feuers ist und nicht die Anbetung der Asche?
Ist unser Nationalfeiertag das Fest der Luxemburger oder das Fest der in Luxemburg lebenden Menschen? Es hat sich heute ein breiter Konsens gebildet, um zu sagen, dass es der Festtag des Landes und aller hier lebenden Menschen ist. Die Zusammensetzung der Fest-Umzüge am Vorabend des Nationalfeiertags spiegelt diese Auffassung immer mehr wider, nur in unseren Kirchen schaut es am Nationalfeiertag selbst oft noch so aus, als wäre es nur ein Fest der Luxemburger und ihrer Institutionen und Verwaltungen. Hier sitzt das offizielle Luxemburg, die Eingeladenen, die Mächtigen, die Reichen und die Satten, und im Nationalen Te Deum in der Kathedrale in Luxemburg-Stadt werden unsere ausländischen Mitbürger nur über ihre Botschafter vertreten. In all diesen Gottesdiensten werden grösstenteils nur die Vertreter des offiziellen und privilegierten Luxemburg erfasst und diese sitzen auf den reservierten und besten Plätzen. Müsste die Kirche in Luxemburg nicht auch hier langsam umdenken, wenn es somit zu oft den Anschein hat, als könnten diese „Gottesdienste“ nicht einmal die Vision des Magnificat glaubwürdig vermitteln:“ Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“
Chers amis,
La foi est le contraire de la peur et de l’ anxiété et la Bible nous rappelle qu’au début de la vie de Jésus c’était l’ange de l’annonciation qui rassura les bergers avec les mots « N’ayez pas peur » et à la fin de la vie terrestre de Jésus c’ était de nouveau un ange qui rassura les femmes au tombeau vide le matin de Pâques avec les mots : »Vous autres, n’ayez pas peur.»
La peur de l’autre, la peur de celui qu’ on ne connaît pas est à l’ origine d’une multitude de détresses et de solitudes individuelles dans notre société si riche en biens matériels.
Le message central du christianisme c’est l’amour du prochain et de l’étranger. Dieu ne peut qu’aimer. Nous devons choisir d’aimer, comme l’a dit Roger Schutz de Taizé.
A la fin de ces pensées j’aimerais vous réciter un court poème de Maurice Bellet, théologien et romancier.
« S’il fallait donner une figure sociale à l’écoute,
la meilleure serait sans doute du côté de
cette pratique antique, perdue,
voire impossible en notre monde :
l’hospitalité.
Ecouter c’est se faire l’hôte de celui qui vient.
L’hôte ne demande rien à celui qu’il reçoit,
il n’a pas souci de l’enseigner, de le conduire,
de lui faire avouer la vérité.
Il parle ou se tait
selon ce qui lui paraît le gré de l’autre.
L’hospitalité est discrète.
Elle se borne à donner au voyageur
de quoi subsister en la halte nécessaire.
L’écoute est hospitalité intérieure. »
Dr. Robert Thill-Heusbourg
Neurologe und Psychotherapeut
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